Laborärzte: Neue Corona-Verordnung ist hochkomplex und herausfordernd

 

„Die neue Coronavirus-Testverordnung des Bundes macht das Testgeschehen in Deutschland deutlich komplizierter. Mit den Antigentests kommt auf die Gesundheitsämter, aber auch auf beratende Fachärzte, viel zusätzliche Arbeit zu“, so die Bewertung des Vorsitzenden des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte (BDL), Dr. Andreas Bobrowski, zum vorliegenden Entwurf der neuen Coronavirus-Testverordnung aus dem Bundesgesundheitsministerium.

 

Kritisch sieht der BDL die komplexen Regelungen zu der Frage, wer mit welchen Kompetenzen Tests durchführen darf – ob Gesundheitsämter, Arztpraxen oder die Testzentren der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die Zuständigkeit für die Coronavirus-Tests werde komplexer und erklärungsbedürftiger. Um die Bürger nicht zu verunsichern, müsse klar sein, wer für welche Testungen die Verantwortung trage.

 

Sobald die neue Rechtsverordnung in Kraft trete, so der BDL-Vorsitzende, werde die Kommunikation insbesondere mit den Pflegeheimen über den Einsatz der Antigentests, deren Qualität und Aussagekraft sowie auch den Umgang mit positiven Testergebnissen massiv zunehmen und auch die Labore zusätzlich belasten. Der BDL fordert daher, die ärztlichen Kompetenzen bei der Testanordnung zu stärken, um eine Überforderung des Systems durch wenig effektive Massentestungen abzuwenden.

 

Verwundert zeigt sich Bobrowski, dass der neue Verordnungsentwurf keine Regelungen mehr zu Reiserückkehrern enthält. „In der täglichen Testpraxis im Labor zeigt sich, dass nach wie vor der größte Teil der Infektionen über die deutschen Außengrenzen zu uns kommt. Das Thema Reisen und Besuche aus dem Ausland darf nicht aus dem Fokus geraten!“, warnt der Lübecker Laborarzt.

 

Da der Entwurf der Rechtsverordnung sowohl den neuen Antigentest im Labor wie auch neue Point of Care-Schnelltests (POC-Tests) für die verschiedenen Anwendungsgebiete vorsehe, müsse die Qualität der einzelnen Verfahren genau überprüft werden. Die Einsatzgebiete der Antigentests und ihre Stellung zu dem zuverlässigeren PCR-Teststandard müssten genau festgelegt und regelmäßig auf dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis überprüft werden.

 

Der BDL fordert das Robert Koch-Institut und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf, eine Standardisierung der SARS-COV-2-Antigentests in Bezug auf die Entscheidungsgrenze und die näherungsweise dahinterstehenden Virus-Konzentrationen festzulegen. Nur so sei eine klare Einordnung der Ergebnisse mit den entsprechenden Schlussfolgerungen möglich. Dazu gehörten auch öffentliche Hinweise auf die Anforderungen der sonst im Laborbereich üblichen Qualitätsnormen (Rili-BÄK). Die SARS-COV-2-Antigentests sollten aufgrund ihrer Bedeutung für die öffentliche und die individuelle Gesundheit ähnlich strengen Zulassungsregeln unterzogen werden wie die Nachweisverfahren von HIV- und Hepatitis-Viren.

 

Klar geregelt werden müsse auch die Meldepflicht bezüglich positiver oder negativer Ergebnisse aus den Antigentests. In diesem Zusammenhang appelliert der BDL nochmals an die Gesundheitsbehörden des Bundes und der Länder, die elektronische Kommunikation bei der Bekämpfung der Pandemie zu verbessern und die flächendeckend vorhandenen DEMIS-Schnittstellen in den Gesundheitsämtern endlich mit Leben zu erfüllen.