"Infektionsdiagnostik ist keine Handelsware"

BDL fordert klares Bekenntnis von Behörden und Krankenkassen

 

Verlässliche Rahmenbedingungen im Kampf gegen das Coronavirus und ein klares Bekenntnis zum Testauftrag an die Labormediziner fordert der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte (BDL), Dr. Andreas Bobrowski, heute in Berlin. Die deutsche Sonderstellung bei der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie dürfe nicht leichtfertig verspielt werden. Zudem gefährdeten Lockerungen beim Datenschutz das Patientenvertrauen.

 

Der Laborarzt zeigt sich irritiert über Pläne, die Vergütung der Coronavirus-Tests für gesetzlich Krankenversicherte bereits nach einem Quartal deutlich abzusenken: „Was ist ein Verhandlungsergebnis mit der gesetzlichen Krankenversicherung wert, das drei Monate später schon wieder in Frage steht? Deutschland kommt besser durch die Krise, weil wir mehr und früher testen. Infizierte werden schneller erkannt, die Infektionsketten dadurch effektiv unterbrochen. Hinter diesen Leistungen stehen Fachärztinnen und Fachärzte in den medizinischen Laboren bundesweit, die ihre Testkapazitäten entschlossen ausgebaut haben. Wie alle anderen Ärzte vertrauen wir darauf, dass unsere Investitionen von den Krankenkassen erstattet werden und unsere Arbeit angemessen bezahlt wird.“

 

Der Alltag der medizinischen Laboratorien habe sich durch die Coronavirus-Pandemie massiv verändert. In kurzer Zeit seien die Routineaufträge durch Haus- und Facharztpraxen um bis zu 50 Prozent eingebrochen. In der Folge hätten zahlreiche Labore Kurzarbeit anmelden müssen. Gleichzeitig sei man dem Appell von Politik und Gesundheitsbehörden gefolgt, an bis zu sieben Tagen in der Woche immer größere Testkapazitäten im Kampf gegen COVID-19 aufzubauen. Kommunale Abstrichzentren seien teilweise direkt vor ambulanten und stationären Laboren etablierten worden. „Der Beratungsbedarf ärztlicher Kollegen, aber auch von Patienten und Gesundheitsbehörden ist massiv angewachsen. Ein Zurück zum Normalbetrieb gibt es für uns in diesem Jahr sicher nicht mehr“, skizziert Bobrowski die aktuelle Situation.

 

Vor diesem Hintergrund alarmieren den BDL zunehmende SARS-CoV-2-Testaufträge der Landesgesundheitsämter an industrielle Akteure. Diese würden behördlich angeordnete Reihentestungen ohne ärztliche Beratungsleistung und ohne die in den fachärztlichen Laboren etablierten schnellen und  sicheren Meldewege abarbeiten. „Was noch vor drei Monaten undenkbar gewesen wäre, wird in immer mehr Bundesländern Realität: Die Gesundheitsämter machen ihre Testaufträge zur Handelsware. Auf ärztliche Beratung und Qualitätssicherung verzichtet man notfalls, wenn Großfirmen mit Testzulassung den Preis drücken“, konstatiert Bobrowski und fragt: „Werden nichtärztliche Unternehmungen auf die gleichen Standards zum Schutz sensibler Patientendaten verpflichtet wie wir Ärzte und kennen sie sich damit aus?“. Der Bundesgesetzgeber habe diese Gefahren erkannt und in den (Haus-)Arztpraxen beauftragte Individualtestungen mit dem zweiten Pandemieschutzgesetz in die alleinige Verantwortung der medizinischen Labors gelegt.

 

Auch der Erfolg der geplanten Tracing-App zur schnellen Identifizierung möglicher Kontaktpersonen lasse sich nur innerhalb der bewährten ärztlichen Strukturen umsetzen, da nur sie den Schutz sensibler Patientendaten sicherten. Der BDL fordert, dass die Bundesländer mit ihren symptomunabhängigen Reihentestungen dem Beispiel des Bundes folgen, um einen unregulierten Anbietermarkt zu verhindern.